Mittwoch, 21. März 2018

Leipziger Buchmesse: Ein Tag ganz ohne Bücher (Teil 4)

Mal etwas anderes sehen

 

Wie ich schon im zweiten Teil meines Messeberichts geschrieben habe, wurde aus dem von den Wettervorhersagen angekündigten leichten Schneefall ein handfester Wintereinbruch - große Klasse, so kurz vor dem Frühlingsanfang. Der Tag sollte natürlich nicht mit Nichtstun vorübergehen, aber eine Aktivität außerhalb von beheizten Räumen schied aus: Es schneite weiter, und ein eiskalter Wind ließ die gefühlte Temperatur auf -15° C absinken. Da stießen wir im Internet auf das Panometer Leipzig

Darum geht es

 

Der Künstler Yadegar Asisi hat in einem ehemaligen Gasometer innerhalb von drei Jahren ein 360°-Panorama geschaffen, auf dem die gesunkene Titanic in 3.800 Metern Tiefe plastisch dargestellt wird. Eine Ausstellung im Vorraum informiert die Besucher zunächst über die Technik der Titanic, die das Schiff unsinkbar machen sollte, und die Ursachen, die zum Untergang geführt haben. Auch die Entstehung der Schwesterschiffe Britannic und Olympic wird erläutert. Dort befindet sich auch eine Rekonstruktion des Titanic-Bugs im Maßstab 1 : 1.
Im Inneren des Gasometers ist auf einem rundum gespannten Transparent das Wrack der Titanic und seine unmittelbare Umgebung abgebildet. Ganz unten auf dem Meeresboden sieht man seitlich zum Rumpf ein kleines Tauchboot.
Der plastische Effekt ist zwar schon von unten sichtbar, er verstärkt sich jedoch deutlich, wenn man die Treppen des Stahlturms besteigt, der sich in der Mitte des Gebäudes befindet. 
Asisis Leipziger Panoramen wechseln im Jahrestakt, die Titanic ist also nur bis Ende 2018 zu sehen.

Die Deutsche Welle hat einen sehenswerten Info-Film zur Verfügung gestellt:


Wer sich in oder um Leipzig befindet, sollte sich das Panorama ansehen. Ich finde, es lohnt sich.

 

Leipziger Buchmesse: Diese Bücher haben mich interessiert (Teil 3)

Viele, viele Cover

 

Na klar, wenn man über eine Buchmesse geht, findet man zahllose Bücher, die man am liebsten sofort mit nach Hause nehmen möchte. Ich habe die meiste Zeit auf der Leipziger Buchmesse mit dem Anlesen vieler Bücher verbracht und bin auf Titel gestoßen, die gerade erst auf den Markt gekommen oder aber schon seit einiger Zeit verfügbar sind. Ich schmeiße sie hier jetzt einfach unsortiert und nur kurz kommentiert auf diese Seite. Dazu kommen noch die Bücher, über die ich bereits in Teil 2 meines Messeberichts geschrieben habe.

Rolf Arnold, Professor an der TU Kaiserslautern, schreibt über das, dessen viele Menschen überdrüssig zu sein scheinen: den Umgang mit Fakten. Wie geht man verantwortungsvoll mit der Wirklichkeit um?
Erschienen im Carl Auer Verlag.


Axel Schwab hat mehrere Jahre in Japan gelebt und einige Bücher über das Land geschrieben. In diesem erklärt er Japan-Unkundigen, wie man sich im Alltag des Inselstaats zurechtfindet. 
Auf diesem Blog gibt es eine Rezension zu seinem Titel Sushi-Guide. Japan ist bei BoD erschienen.

Karina Both-Peckham bekocht nicht nur ihre Familie, sondern auch ihre Gäste in Peckham's House. Auch von ihr befidnet sich bereits ein Buch auf diesem Blog, nämlich der erste Band ihrer Reihe: Lieblingssuppen.
Erschienen bei BoD.

Der Autor Wei Zhang beschreibt das Leben zur Zeit von Maos Kulturrevolution aus der Sicht einer Fünfjährigen. Absurde Situationen können gefährlich werden. Die Lesung mit Wei Zhang habe ich leider wegen des Schneechaos' verpasst. Erschienen bei Salis.


1973 wird der österreichische Skirennfahrer Franz Klammer mitten im Abfahrtslauf ins Jahr 33 zurückgeworfen und landet in Jerusalem direkt auf Jesus Christus. Eine absurde Geschichte beginnt. Erschienen bei Lector Books, einem Imprint der Torat GmbH.

Christopher Buckley schreibt über einen beruflichen Super-GAU:
Herb Wadlough ist der persönliche Berater des fiktiven US-Präsidenten Tucker, fällt aber vor allem aufgrund von Intrigen bei ihm in Ungnade. Buckley verarbeitet in seinem Buch seine Zeit als Redenschreiber für George Bush sen. auf witzige Weise. Erschienen bei Louisoder.


Eine wahre Geschichte aus Deutschland während des ersten Weltkriegs. Der Krieg war fast verloren, als Leutnant Stern einen waghalsigen Plan entwickelte: 14 muslimische Gefangene, die als Zirkusgruppe verkleidet waren, sollen nach Konstantinopel geschmuggelt werden, um den Sultan dazu zu bringen, für das befreundete Deutschland den Dschihad auszurufen. Erschienen bei Galiani Berlin, einem Tochterverlag von Kiepenheuer & Witsch.


In grenz:zeiten geht es um Grenzerfahrungen, die der Krieg, das Sterben und die Familie mit sich bringen. Ein Roman mit autobiographischen Elementen, der aber nicht nur traurig, sondern auch witzig ist. Erschienen im Wenz Verlag.


Wer eine Reise nach Nordkorea plant, kommt an diesem Buch nicht vorbei. Interessant ist es aber auch, wenn man nur einen literarischen Blick über den Zaun werfen möchte. Erschienen bei DVA.



Ein kleines Mädchen aus dem schwedischen Fjällbacka wird vermisst. Ihr Verschwinden erinnert die Einwohner an einen 30 Jahre zurückliegenden Fall, der fast vergessen zu sein schien. Erschienen im List Verlag.



Ein Blick in die Zukunft der Menschheit angesichts der fortschreitenden Technisierung. Erschienen im Verlag C. H. Beck.






Der junge verwundete Soldat Veit Kolbe reist Anfang 1944 nach Mondsee in Österreich, um wieder gesund zu werden. Er trifft auf zwei Frauen, die wie er auf Normalität hoffen. Doch so einfach ist das nicht, denn Kolbe wird von Alpträumen geplagt und sinnt über die Vergangenheit nach. Erschienen bei Hanser. Arno Geiger hat u. a. auch den Roman Es geht uns gut
geschrieben, für den er 2005 den Deutschen Buchpreis erhielt.


Die 21jährige Nora wandert mit ihrer jüngeren Schwester Theresa von Irland in die USA aus. Sie möchte bei ihrem Verlobten sein und der Schwester eine Ausbildung ermöglichen. Doch als Theresa schwanger wird, muss eine Entscheidung getroffen werden. Erschienen im Paul Zsolnay Verlag.

Der österreichische Künstler und Autor André Heller spricht mit seiner 1914 geborenen Mutter über ein Jahrhundert voller Leben und Ereignisse. Erschienen im Paul Zsolnay Verlag.




Das Buch erzählt den fimreifen Überfall auf ein Gelddepot in der Nähe von Stockholm, der 2009 stattgefunden hat. Manchmal ist das Leben spannender als ein erdachter Krimi. Erschienen bei Piper.



Und sonst?

 

Die Autoren dieses im Alexander Verlag Berlin erschienen Buches wollen ihre Leser davon überzeugen, dass das Urheberrecht zugunsten einer Regulierung der Marktverhältnisse abgeschafft werden sollte. Das Buch wurde gratis vom Verlag abgegeben. Ich gebe zu, dass ich grundsätzlich skeptisch bin, aber wenigstens einen Blick in No Copyright werfen werde.

Das war es auch "schon". Vermutlich wären es noch mehr Bücher gewesen, wenn wir nicht an einem der vier Messetage im Panometer Leipzig gewesen wären. Was das ist, könnt ihr hier nachlesen.



 

Leipziger Buchmesse - so ging es weiter (Teil 2)

Warum nicht alles lief wie geplant

 

Ich hatte mir für den dritten Messetag vorgenommen, bei bestimmten unabhängigen Verlagen vorbeizuschauen. Doch ein Plan ist manchmal auch dazu da, umgestoßen zu werden: Am Vorabend hatte es in Leipzig begonnen zu schneien und auch die ganze Nacht hindurch nicht aufgehört. Am nächsten Morgen war in den Verkehrsnachrichten davon die Rede, dass der Verkehr in und um Leipzig praktisch zusammengebrochen ist und sich auf Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen lange Staus gebildet haben. Google Maps hatte die Lage in vielen kurzen und langen rot markierten Straßen angezeigt: Von unserem Hotel in Merseburg sollte die Autofahrt, für die man normalerweise eine halbe Stunde benötigt, nun fast zwei Stunden dauern. Bei der Aussicht, bei Minusgraden im Schneckentempo zum Messegelände zu fahren, ist uns die Lust abhanden gekommen. Ein Alternativprogramm musste her, das gut erreichbar sein sollte und in geschlossenen Räumen stattfindet. Wir sind fündig geworden und haben das Panometer Leipzig besucht. Was sich dahinter verbirgt, schreibe ich hier.

Der letzte Messetag

 

Da wir wegen der Heimfahrt nicht zum Messeschluss um 18 Uhr bleiben wollten, mussten wir unser Programm ein bisschen straffen. 

Ganz gezielt habe ich beim Polar Verlag vorbeigeschaut, weil mir dessen Konzept gefällt: Dort werden Krimis jenseits des Mainstreams herausgebracht, in denen es auch schon mal ein bisschen zur Sache geht. Auf diesem Blog habe ich bereits die beiden Krimis Libreville und Brant vorgestellt. Auch hier habe ich erlebt, was ich schon im ersten Teil meines Messeberichts geschrieben habe: Die Gesprächsbereitschaft war im Gegensatz zu den Publikumsverlagen groß, und ich bin mit dem Buch Ein einziger Schuss von Matthew F. Jones nach Hause gegangen, das ich hier noch vorstellen werde. 

Interessant war auch der Besuch beim Verlag Donata Kinzelbach. Dort liegt der Schwerpunkt auf Literatur aus dem Maghreb, die Bandbreite reicht von Lyrik bis zu Romanen, die Aktuelles oder Historisches aufgreifen. Diese sehr spezielle Ausrichtung stellt die Verlegerin immer aufs Neue vor die Herausforderung, für die von ihr herausgegebenen Bücher einen angemessenen Preis festzulegen: Für jedes Buch müssen zunächst die Rechte erworben und die Übersetzungskosten bezahlt werden. Das ist gerade für einen kleinen Verlag oft nicht leicht. Ich finde das Verlagsprogramm jedoch so interessant, dass ich bestimmt darauf zurückkommen werde.


Mit dem Autor Rainer Böhme hatte ich auf dem Stand des Dresdner Verlags ein gutes Gespräch, in dem er mir zwei seiner Bücher vorstellte. Ich habe sie mit nach Hause genommen und werde sie mir in Ruhe ansehen. Es wird zu beiden einen Blogbeitrag geben.


Vom vielfältigen Angebot der unabhängigen Verlage wird man fast erschlagen. Um mir zusätzlich zu meinen Standbesuchen einen Überblick zu verschaffen, habe ich diese kleine Broschüre mitgenommen. Sie wurde vom Branchenmagazin BuchMarkt und der Kurt Wolff Stiftung, die sich die Förderung einer vielfältigen Literatur- und Verlagsszene zum Ziel gesetzt hat, herausgegeben. Das Spektrum reicht vom Alexander Verlag Berlin bis zum zu Klampen! Verlag aus Springe bei Hannover.


Als sehr offen und gesprächsbereit habe ich auch die Standmitarbeiter der Universitäten erlebt. Auch sie suchten den Kontakt zu den Besuchern und beantworteten kompetent alle Fragen. Ich kann - auch wenn ich mich hier wiederhole - nicht nachvollziehen, warum das bei den großen Verlagshäusern nicht möglich ist.

Immer wieder Politik

 

Die "Ecke" der rechtsgerichteten Verlage hatte ich schon am zweiten Messetag gesehen. Es ist erstaunlich, dass sich oft erst auf den zweiten Blick erkennen lässt, welche Gesinnung hinter ihnen steckt. Den Tumult am Stand des Antaios Verlags habe ich nicht mitbekommen, da wir an diesem Tag nicht auf dem Messegelände waren. Die Politik zog sich jedoch wie ein roter Faden durch die Hallen: Die Initiative #Verlagegegenrechts war ziemlich aktiv, und auch bei den osteuropäischen Verlagen ging es immer wieder um politische Themen. 

Mehr zufällig bin ich auf eine Veranstaltung der 3sat Literaturlounge mit dem Schriftsteller Catalin Florian Florescu gestoßen. Florescu stammt aus Rumänien, ist aber heute Schweizer Staatsbürger. Er schreibt Romane über das Leben in Diktaturen, der Flucht aus diesen Ländern und den Neuanfang in einem demokratischen Land. 


 
Nicht zuletzt gab es auch etliche Stände, an denen Buchkunst, hochwertige Kunst-Illustrationen und ungewöhnliche Buchdrucke gezeigt wurden. Vom Stand des Gutenberg-Museums Mainz musste dieser hübsche Vogel bei mir einziehen.


Wie war's?

 

Die Leipziger Buchmesse war vielfältig und bunt - sowohl, was die unterschiedlichen Genres, die zahlreichen Verlage, die Autoren vor Ort als auch die politischen Ausrichtungen betraf. Nicht zuletzt haben auch die verkleideten Besucher der Manga-Comic-Con für viel Farbe und zahlreiche Hingucker gesorgt. Dem diesjährigen Schwerpunktland Rumänien konnte ich mich leider nur kurz wirdmen. Der im Schnee versunkene Messetag hat dann doch gefehlt. 

Nach den Rangeleien zwischen linken Demonstranten und dem Standpersonal des rechten Antaios-Verlags schien die Präsenz des Sicherheitspersonals und der Polizei zugenommen zu haben. Das war zumindest unser Eindruck, als wir uns am Vormittag des letzten Messetages auf den Weg zu Halle 4 machten. Auch an der Zufahrt zum Presseparkplatz ging es "griffiger" zu: Zwei Tage zuvor war es noch problemlos möglich gewesen, dass wir wegen meiner körperlichen Einschränkung direkt vor dem Pressezentrum parken durften. Am letzten Tag erhielten wir dann aber die barsche Anweisung eines Security-Mannes an der Einfahrtschranke, dass das nicht gehe und wir auf den außen gelegenen Parkplatz fahren müssten. Meinem Hinweis auf meine spezifische Situation wurde im Kasernenton mit der Anweisung "Sie fahren jetzt geradeaus!" begegnet. Nur gut, dass man im Auto nicht die Hacken zusammenschlagen kann. Transparenz und eine lebensnahe Regelung der Parksituation wären hier sehr wünschenswert gewesen. Ach ja, Freundlichkeit hat auch noch keinem geschadet.
Trotzdem: Wenn es sich irgendwie einrichten lässt, bin ich beim nächsten Mal wieder dabei. 

Ich habe natürlich auch viele Bücher gesehen, die mir nach dem ersten Anlesen sehr gut gefallen haben. Welche das sind, habe ich hier aufgeschrieben.