Sonntag, 21. Juni 2015

# 3 - Eine Gruppenreise zu den Kiwis mit einem unvorhersehbaren Verlauf

Es geht nach Neuseeland, wo Handtücher am Strand ausgelegt und Bäume umarmt werden

 

Klingt seltsam? Ist es auch. Diesmal stelle ich euch ein Buch vor, dass von Bernhard Hoëcker und seinem Co-Autor Tobias Zimmermann geschrieben wurde. Wie ich während des Lesens erfahren habe, ist dies nicht das erste Mal, das die beiden auf diese Weise zusammengearbeitet haben. Es heißt Am schönsten Arsch der Welt und ist im November 2012 erschienen. In die Hände gefallen ist es mir aber erst vor Kurzem.



Was ich erwartet hatte - und was dann "drin" war

 

Von Bernhard Hoëcker sind bereits mehrere Bücher im Handel, was ich aber vor dem Kauf dieses Buches nicht wusste. Ich kannte ihn aus dem Fernsehen als Mitglied des Rateteams von "Genial daneben" und als Teammitglied bei "Switch". Deshalb hatte ich erwartet, von diesem Buch ein paar Stunden gut unterhalten zu werden. Mehr nicht. Aber von vorn:

Der neuseeländische Tourismusverband will mehr deutsche Reisende ins Land locken und hat die Idee, einen prominenten Deutschen in seine Werbekampagne einzubinden. Dieser Deutsche soll das Land bereisen und Aufgaben lösen, die Etappe für Etappe per Internet-Abstimmung von Besuchern der eigens betriebenen Webseite festgelegt werden. Wieso das neuseeländische Organisationsteam auf  Bernhard Hoëcker verfällt, bleibt ungeklärt und ist auch ihm selbst ein Rätsel. Sein Kumpel Tobias Zimmermann nimmt die Rolle des Sidekicks ein: Er reist nicht mit, kommentiert aber das, was Hoëcker erlebt oder beschreibt.
Selbstverständlich reist Hoëcker nicht allein, sondern wird von einem Team unterstützt

Der Leser erfährt dann recht ausführlich von den Problemen bei der Anreise und dass Hoëcker offenbar tagelang mit dem Jetlag zu kämpfen hatte. Sein mitreisendes Team scheint da weniger Schwierigkeiten zu haben oder sie werden zumindest nicht erwähnt. Es besteht aus Renate, die für Hoëcker so etwas wie das "Mädchen für alles" zu sein scheint, dem Kameramann Alex, dem Regisseur Tommy sowie Jakob, Claudia und Elke von der Werbeagentur. Am Flughafen von Auckland wird die bunte Truppe von Katie abgeholt und während der ganzen Reise begleitet. Sie ist beim neuseeländischen Tourismusverband beschäftigt, übernimmt den Job der Chauffeuse und hat ein Auge darauf, dass alles werbeoptimal abläuft.



Was will der Autor seinen Lesern sagen?

 

Diese Frage habe ich mir auch gestellt. Das Buch erreicht seine Seitenzahl (knapp 300) nicht etwa nur durch Hoëckers gelassene Darstellung des Reiseverlaufs, sondern durch immer wieder eingeschobene und farblich abgesetzte Kommentare. Sie ziehen sich oft über zwei bis drei Seiten und stammen  von Tobias Zimmermann, dem Daheimgebliebenen, der quasi aus dem Off die Schilderungen kommentiert oder kritisiert. Wer da versucht, den eigentlichen Handlungsfaden nicht zu verlieren, steht einer echten Herausforderung gegenüber: Spätestens, wenn er die eigenen Kommentare mit Sternchentexten unterlegt, die fast so lang sind wie die Kommentare selbst, ist meine Geduld kurz vor dem Ende. Ein Beispiel? Bitte:
Hoëcker beschreibt die Rugby-WM in Neuseeland 2011 und den Umstand, dass die unterlegene Mannschaft aus Tonga am Flughafen von Auckland von 11.000 Landsleuten verabschiedet wurde und der Verkehr deshalb zusammenbrach. Diese banale Information kann Zimmermann so nicht stehen lassen: Auf fast zwei Seiten überlegt er, wie diese Zahl zustande kommen könnte und wie es sein kann, dass es bei so vielen übergewichtigen Tongaern eine so große Begeisterung für Rugby gibt. Davon nimmt die Erläuterung eines im Kommentar verwendeten rheinländischen Begriffs etwa ein Viertel des Textes ein. Das Ganze wird so verschwurbelt formuliert, dass bei mir auf der Strecke blieb, was ich eigentlich erwartet hatte: der Spaß. Gegen die so vermittelte Zähigkeit kommen auch die immer mal wieder eingestreuten Fotos und Zeichnungen nicht an.
Zimmermanns Einschub kann "selbstverständlich" nicht einfach von Hoëcker unerwidert bleiben, sodass sein Kommentar darauf eine weitere Seite in Anspruch nimmt.



Zurück zum Ausgangspunkt

 

Bei so vielen Kommentaren, Unterkommentaren und Erwiderungen verliert man als Leser schnell den eigentlichen Sinn dieser Reise aus den Augen: Werbung für Neuseeland als Reiseziel, indem sich Bernhard Hoëcker verschiedenen Aufgaben stellt. Darum ein paar Beispiele: An einem Strand soll er mit Handtüchern seinen Namen legen. Weil es zu wenige Handtücher gibt, sind seine sportlichen Qualitäten gefordert: Er legt die am Beginn seines Namens gelegten Handtücher immer ans Ende an, die Aufnahme wird in Highspeed abgespielt und fertig ist ein Film, in dem Hoëcker als Strandboy durchs Bild zischt und sein Name gelesen werden kann.
Eine andere Aufgabe ist die Umarmung eines Kauri-Baumes. Das ist ein Problem, weil die heutigen Kauri-Bäume einen Durchmesser von etwa vier Metern erreichen können. Außerdem darf nicht näher an sie herangetreten werden, denn durch einen vermutlich aus dem Ausland eingeschleppten Krankheitserreger sind bereits viele Bäume mit Wurzelfäule infiziert ("kauri dieback") und sterben langsam ab. Aber auch dafür findet das Team eine Lösung, mit der die Aufgabe annähernd erfüllt werden kann.



Kaufempfehlung?

 

Hätte sich das Buch auf die Beschreibung der Reise beschränkt, hätte es unterhaltsam sein können. Dazu hätte auch Hoëckers selbstironische Erzählweise beigetragen. So bleibt es allerdings im Nebel, was das Ganze eigentlich werden sollte: eine Reisebeschreibung? Ein Dialog unter Freunden, bei dem der eine dem anderen zeigen will, wie viel er von der Welt weiß? Ich habe keine Ahnung. Klar ist jedoch, dass der Seitenumfang auf etwa die Hälfte zusammengeschrumpft wäre, wenn es Hoëcker bei dem eigentlichen Kernthema belassen hätte. Ich habe schon nach dem Lesen der ersten Hälfte überlegt, ob ich bis zum Ende durchhalten sollte und kann darum keine Kaufempfehlung abgeben.

 

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